Kafue – der größte Nationalpark Zambias (Teil 2)

Unsere Zeit am Ithezi-Tezhi Damm war sehr erholsam, doch nun treibt es uns weiter. Früh brechen wir auf tiefer hinein ins Herz des Kafue Nationalparks. Heute wollen wir Elefanten finden. Doch auch auf der Loop am See sehen wir nur ihre Hinterlassenschaften und die charakteristischen Abdrücke ihrer großen Sohlen im Sand. Um den Bestand an Warzenschweinen braucht man sich hingegen nicht zu sorgen, wir sehen viele Großfamilien mit reichlich Ferkeln über die Plains flitzen. 

Das Parkmanagement hat den Kampf gegen die Tsetse-Plage aufgenommen. Entlang unserer Strecke im Westen des Kafue hängen alle paar hundert Meter Tsetse-Fallen. Als Köder dienen blau-schwarz-blau gestreifte Stoffbahnen, die zwischen Zweigen gespannt im Wind wackelnd ein Wildtier imitieren (z.B. Büffel oder Gnu) und mit einem Insektizid präpariert sind, sodass die Fliegen bei Kontakt verenden. 

Landschaftlich ist die heutige Strecke geprägt von Busch, Teak- und Miombowäldern, wir queren kleinere, gut gekennzeichnete Flusstäler. Da die Bäche derzeit kein Wasser führen, sind diese Furten nur kurze, steile und trockene Täler und daher auch problemlos befahrbar. 

Kurz vor Mittag erreichen wir das reizende Kasabushi Camp direkt am Fluss. Die hiesige Hippoherde schnaubt und grunzt sogleich zur Begrüßung. Ein schöner weißer Reiher sowie ein Spaltschnabelstorch nützen die Felseninseln in der Mitte des Flusses als Ausguck für die Jagd. 

Wir melden uns per Funkgerät, das bei der Rezeption für neue Gäste bereit liegt, und ein paar Minuten später kommt schon ein Mitarbeiter und lädt uns ein, unseren Site zu wählen. Außer uns erwarte er heute niemand mehr. Die gelb getünchten Toilette- und Badezimmergebäude erinnern mich mit ihren unregelmäßigen Rundungen an die mugeligen Wohnhäuser der Barbapapas aus der Trickfilmserie, die wir als Kinder so gerne geschaut haben. Und  „Raburix Barbatricks“ kommt das Wasser der Dusche tatsächlich nicht aus einem dieser gewöhnlich in alle Richtungen spritzenden verkalkten Duschköpfe, sondern als  herrlicher Schwall aus einer Rinne von oben. Fantastisch, so ein Luxus mitten im Busch! 

Leider sind aufgrund des niedrigen Wasserpegels keine Bootsfahrten mehr im Angebot, aber das macht nichts, wir haben ja das Flusskino direkt vor uns. Und fast wie zum Beweis, startet eine Herde Elefanten (endlich) rund 200 Meter von uns mit ihrer Flussquerung. Grade mal „knietief“ ist der Fluss noch (für die Elefanten-Kühe). Nur den Kleinsten in der Mitte steht das Wasser bis zum Hals und sie recken ihre kleinen Rüssel in die Luft. Ich freue mich riesig über den Anblick. Das Schauspiel wiederholt sich noch zweimal am Nachmittag, nur in die andere Richtung. 

Wir richten uns gemütlich ein, ich wasche ein paar unserer Lieblings-Buschhemden und werfe mich in ein neues Experiment. Erstmals will ich im Omnia-Camping-Backofen ein deftiges Brot backen. Das Teigkneten fällt natürlich ein bisschen gröber aus als mit dem Knethaken der Küchenmaschine daheim, aber es scheint zu funktionieren. Die Wärme tut das ihre, damit der Teig schön aufgeht, und schon wenige Minuten nachdem ich den Omnia aufs Gas gesetzt habe, beginnt es in Lunas Kabine verlockend nach Brotbackstube zu duften. 

Pünktlich zum Sonnenuntergang nehmen wir mit unserem Lieblings-Cider „Savanna Dry“ in der Hand die Plätze in unserer Flussloge ein. Wir haben freie Sicht auf die grandiose Kulisse, das Hippokonzert beginnt. Der Bulle ganz vorne spielt die erste Geige und gibt den Ton an. Von weiter hinten ertönt gedämpft der Bass, und der Chor aus Kühen brilliert mit allen verfügbaren Höhen und Tiefen, wiewohl sich das Gurgeln manchmal so anhört, als würden sie sich verschlucken. Ein Jung-Hippo mimt – zischend die Nüstern ausblasend – das Schlagzeug. Als Höhepunkt beginnt einer nach dem andern den Kopf weit aus dem Wasser gereckt noch das riesige Maul aufzureißen (wir würden sagen, sie gähnen). 

Später, als wir schon beim Lagerfeuer sitzen, hören wir die Darsteller aus dem Fluss steigen und an uns vorbei durch den Busch zum nächtlichen Grasen schlurfen. 

Reichlich amüsiert von der Vorstellung bereiten wir unser Barbecue vor. Ein großes Feuer erzeugt die perfekte Glut. Bis es soweit ist, verkosten wir das selbstgemachte Brot und sind begeistert – das hatten wir echt noch nie, richtiges frisch gebackenes Roggensauerteigbrot im afrikanischen Busch. 

Angelockt vom Duft der köstlichen Steaks auf unseren Tellern erscheint urplötzlich ein neugieriges Civet. Das ca. 1 Meter lange, schön gezeichnete Tier hat keinerlei Scheu vor dem Feuer und schnüffelt interessiert am Grillgitter auf der Suche nach dem erhofften Snack. Es ignoriert uns vollkommen und so können wir es gut beobachten. Später in der Nacht nimmt unsere Wildtierkamera auf, dass es sich die übrig gelassen Knochen schnappt, offenkundig hatte es geduldig gewartet bis wir schlafen gehen. 

Wir unternehmen einen morgendlichen Game Drive in der Umgebung durch schöne Buschsavanne, auf der hunderte von kleinen grauen Termitenhügeln zwischen Giftgrün leuchtenden Pflanzenteppichen auf schwarzer Erde emporragen. Eine schöne Szenerie, in der wir verschiedene Antilopen und die türkis grün schimmernden Bienenfresser bei ihren akrobatischen Jagdflügen beobachten (insgeheim hoffe ich, dass ihre Beute aus reichlich Tsetse-Fliegen besteht). 

Zurück auf der Hauptstraße räkelt sich zu unserer Freude ein Löwenrudel – vier an der Zahl – malerisch auf einer Kopje im Schatten. Später erzählen uns die ausgewanderten holländischen Campeigentümer Quintin und Tessa , dass es sich um das neue Pack handelt, das erst vor kurzem zugewandert ist. 

Für uns geht’s weiter zu den „Kafue Rapids“ (Stromschnellen) auf denen wir ein wenig wandern wollen. Luna parken wir unter einer hohen und weithin sichtbaren Palme, damit wir sie anhand dieses weit sichtbaren Landmarks später leicht wieder finden können, denn durch das Flussbett gibt’s ja schließlich keine markierten Wege, die muss man schon selber finden.  So kraxeln wir über die von der Kraft des Wassers rund abgeschliffenen Granit-Bolder unterschiedlicher Höhe bis zum noch verblieben, bescheidenen Rest der Rapids. Der sonst mächtige Fluss quetscht sich hier durch ein Nadelöhr von hohen Felsblöcken, auf deren äußerstem Punkt wir kurz Rast machen. Für den Rückweg wählen wir eine andere Route durch das trockene Flussbett. Vor Jahren konnten wir hier in Rockpools sogar schwimmen, davon kann man jetzt leider nur träumen. Vorsichtig wählen wir die Felsmugel, auf die wir als nächstes hüpfen. Die Warnung des Campmanagers vor Krokodilen, die sich angeblich in den verbliebenen Tümpeln aufhalten sollen, im Ohr. Wir sehen keines. Es wäre ja auch wohl schon längst vertrocknet…

Abends sind wir mit Quintin für einen Sunset und Night-Drive verabredet. Er ist ein gut geschulter Safariguide und erörtert aus einer für uns erfrischend neuen Perspektive, wie er den Busch liest und Schlüsse auf die jeweilige im Gebiet vorhandene Tierwelt und deren Wanderungen zieht („The bush talks to you!“). Vor allem anhand der Bäume, Büsche und Pfade kann man erkennen, welche Antilopen sich in einem Habitat bewegen. Wie auch andere Guides bleibt auch er recht bald bei einem Termitenbau stehen. Womit wir wieder beim Lieblingsthema jedes Safariguides sind. Erstaunlich, aber mit jeder neuen Geschichte wächst auch unsere Begeisterung für diese kleinen Tierchen, die man praktisch nie sieht, begreifen wir doch immer mehr, welch wichtige Rolle sie für das Funktionieren des gesamten Ökosystems hier spielen. Ich will gar nicht versuchen, all die erhaltenen Informationen zu wiederholen oder gar biologische Zusammenhänge zu erklären. An dieser Stelle nur ein paar bemerkenswerte Highlights für die an Termiten interessierten Leser (die anderen und bitte auch die studierten Insektologen können ja einfach den Absatz überspringen J ). 

Sehr einfach ausgedrückt gibt es drei Kategorien von Termiten: jene die Holz direkt fressen und Zellulose verdauen können, jene die Blätter und Gras ernten und wieder andere, die tief in ihrem Bau Pilze zur Ernährung züchten. Bemerkenswert ist, dass die Termitenkönigin bis zu 80 Jahre alt werden kann. Sie entscheidet auch gleich bei der Eiablage durch die Beigabe von bestimmten Pheromonen, welcher Typ Termite aus dem Ei werden soll. Es gibt Soldaten, Scouts, Bauarbeiter, Erntetermiten und Prinzen und Prinzessinnen. Wer schon mal vom „Ameisenflug“ gehört hat, sollte wissen, dass es sich dabei um ebensolche Termitenprinzen und -prinzessinnen handelt, die ausfliegen, um anderswo einen neuen Termitenstaat zu gründen. Dabei gibt es – im Unterschied zu den meisten anderen Tierarten – keinerlei „interne“ Konkurrenz. Jeder Prinz und jede Prinzessin findet für sich ein geeignetes Stück Land für einen neuen Staat. Diese Staaten können 10-15 Meter hohe und 30 Meter breite Hügel werden – und schaffen über die Jahre eigene Ökosysteme, aus den eingetragenen Nährstoffen wachsen verschiedene Bäume und andere Pflanzen. Termiten sind auch Meteorologen und Klimatechniker, sie wissen vorab wann die Regenzeit beginnt und verlegen daher rechtzeitig die Luftkamine zu ihrem Bau etwas höher über die erwartete Wasserlinie. Nebenbei sorgen sie durch die Ausrichtung/Neigung ihrer überirdischen Bauwerke und unterirdischen Gänge für die angemessene Belüftung und Temperatur. Wir erinnern uns an die Erklärung der Buschleute in Namibia, dass sie die Termitenbauten schon mal als Kompass benutzen.

Zum Schluss nennt Quintin noch einen Größenvergleich, um die weltweite Bedeutung hervorzustreichen:  Insgesamt soll die geschätzte Biomasse der Termiten weltweit höher all jene aller anderen Tiere zusammen. 

Nach dem Sundowner kurven wir mit dem Spotlight durch den dunklen Busch und entdecken mehrere schön gezeichneten Civets, eine Weißschwanz-Manguste und die zierlichen Bushbabies.  Eine  Ameisen-Armee quert die  Straße. Wir halten an, damit die Insekten sicher den Weg queren können. Das geht eigentlich ziemlich flott, sofern keines der Tiere die von den Scouts gelegte Pheromonspur verliert. Drüben angekommen, formiert sich die Truppe neu und setzt ihre Jagdmission (laut Quintin auf Termiten) fort. Es raschelt und knackt im Buschwerk, Elefanten sind zugegen. Bestimmt hören und riechen sie uns schon lange, bevor wir sie sehen. Wir warten kurz und passieren sie dann vorsichtig, ohne sie aufzuschrecken, denn die Dickhäuter sind hier extrem schreckhaft und bisweilen aggressiv.

Am frühen Morgen verlassen wir Kasabushi Richtung Norden. Wir biegen auf  die  Sishimba Loop ein. Am Flusslauf gibt es immer wieder Pools, in denen sich eine paar Hippos im verbleibenden schlammigen Wasser zusammendrängen. Sie teilen den Platz mit einem einsamen traurig wirkenden Marabu. Wenn es nicht bald regnet, dann werden sie wohl noch übersiedeln müssen. Am äußersten Ende der Loop wartet ein Löwenpack auf uns, je zwei stattliche Männchen, Löwinnen und ihre Jungen, deren Fell noch die süßen Flecken hat.  Vom Beobachten der Löwen hungrig geworden suchen wir uns ein paar Kilometer entfernt auf der anderen Flussseite einen gut überschaubaren Rastplatz für unser Frühstück im Busch. Ich zaubere in Lunas Küche ein Rührei, serviert mit meinem Brot und etwas Tee. Uns schmeckt‘s hier draußen in der Wildnis. 

Auf der Rückfahrt zur Hauptstraße sehen wir in großer Entfernung Elefanten über die Grasebene in den Wald rasen, sie wirken extrem gestresst.  Im Wald begegnet uns die Herde noch einmal. Empört trötend und mit den Ohren schlagend stürmt eine Kuh ein paar Schritte auf uns zu und warnt uns mittels wildem Gebeutel ihres Kopfes, ja nicht näher zu kommen. Das haben wir definitiv nicht vor, ziehen uns – wie wir es gelernt haben – zum Zeichen unserer Demut langsam ein paar Meter zurück und lassen die Herde in gutem Abstand passieren. 

Wir kommen zum Hook Gate und erblicken bereits kurz hinter dem Schranken die geteerte M8, welche den Kafue NP in den Nord- und Südteil durchschneidet. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindet sich das Nationalpark-Hüttchen zur Einfahrt in den Kafue Nord. Um dahin zu gelangen, muss ich zunächst allerdings einmal den Verschluss des ersten Gate-Balkens auffummeln, es gibt zwei versperrte Hängeschlösser, die aber zu meiner Erleichterung nicht mit dem Balken verbunden sind. Geschafft! Wir blicken nochmal die Piste retour und verabschiede uns dankbar für das Erlebte vom Kafue Süd, genießen bei der Überquerung der M8 das ruhige Rollen von Lunas Rädern über die aus 6 Meter geteerte Fahrbahn und machen und auf in den Kafue Nord.

Tipps für den zentralen Teil des Kafue:

  • Es lohnt, den zentralen Teil nicht einfach nur im Transit zu durchrasen, sondern als eigenständigen Teil des Parks zu begreifen . Man kann hier gut 2-3 Tage verbringen.
  • Kasabushi Campsite – ein absolutes Muss, wenn man in diesem Gebiet unterwegs ist. Es besticht mit seiner traumhaften Lage am Fluss und herrlichen Duschen. Das holländische Eigentümer-Paar ist sehr bemüht, der Gamedrive mit Quintin top!
  • Die Shishimba Loop ist in puncto Tiere und Landschaften sehr empfehlenswert im Zuge der Weiterfahrt zur nördlichen Ausfahrt aus dem Südkafue.
  • Da nicht alle Camps einen Stromanschluss bieten, Batterien vorher aufladen!

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