Raus aus dem südlichen Park queren wir 6 Meter genüsslich die geteerter Straße und checken bei einem gut gelaunten Parkguard auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein für die Abenteuer im wilden Norden des Kafue Nationalparks.
Ich erzähle ihm ein bisschen vom schönen morgendlichen Game Drive auf der Shishimba Loop und unserem Glück, dort stattliche Löwen zu sehen. Stolz und begeistert behauptet er, dass es in seinem Parkteil noch viel besser sei, viel mehr und größere Löwen, außerdem Leoparden und selbstverständlich auch Cheetah. Ich scherze mit ihm, ob er wohl auch einen Serval oder Caracal im Angebot hätte. Wir lachen gemeinsam, während er mich zurück zu Luna begleitet. Die wurde in der Zwischenzeit von Martin in ein Internetcafé verwandelt, das MacBook bereits auf der Mittelkonsole aufgeklappt. Schließlich muss man den in einiger Entfernung an der Hauptstraße gesichteten Sendemasten ja auch nutzen, wenn er schon mal da ist. Das Signal ist schwach und schwankt, aber es reicht, um eine schnelle WhatsApp an die Familie zu senden, die Mails runterzuladen und zu checken, wie Martins Fußballclub in der Champions League abgeschnitten hat (leider wie erwartet).
Nach nur 40km erreichen wir das Mapunga Bush Camp, das wir für den Zwischenstopp auf dem Weg in die Busanga Plains ausgesucht haben. Wir wählen einen Site mit großem Schattenbaum am Fluss für unser Lager. Das Personal kümmert sich sogleich freundlich um unser Feuerholz und wir buchen eine Bootsfahrt am hier sehr breiten Kafue River. Diese erweist sich als sehr ergiebig, unser Bootsguide John überreicht uns eifrig sein „Zambian Birds“ Büchlein, das wir nur gelegentlich zum Nachschlagen benötigen, denn er kennt die Vögel ohnehin alle auswendig, ob nun im Vorbeiflug in großer Höhe oder sitzend an der Uferböschung, weiß er sie zu identifizieren.
Die große Sensation der Fahrt ist ein wunderschöner Leopard, der zwischen den knorrigen Wurzeln der über die Wasserlinie hängenden Bäume rastet. Gespannt beobachten wir ihn und er uns minutenlang aus nur 10 Metern Entfernung. Das edle Tier ist extrem wachsam und jederzeit bereit für einen blitzschnellen Sprung. Das zeigt uns seine unmittelbare Reaktion und die Muskelspannung, schon bei der kleinsten unserer Bewegungen. Daher verhalten wir uns möglichst ruhig, während John das Boot mehrmals gegen die Strömung wieder in eine gute Position bringt. Die gefleckte Raubkatze ist atemberaubend schön.
Weiter flussaufwärts gelangen wir zu einer Ebene, auf der sich eine schier unglaubliche Zahl an Pukus versammelt hat, und auch ganz trefflich Puku Pan genannt wird. Dazwischen tummeln sich Ibisse, African Jacana, Gänse und Reiher. Über und unter Wasser sind Kormoran auf der Jagd. Ein stattliches ausgewachsenes Krokodil lässt sich vor uns ins Wasser gleiten und zur anderen Seite treiben, während wir den Sonnenuntergang genießen und mit John Safarigeschichten austauschen. Er habe schon an verschiedenen Plätzen als Guide gearbeitet, aber der Kafue bliebe für ihn die schönste zusammenhängende Wildnis und Heimat, verrät er uns. Das können wir voll und ganz nachempfinden; es ist selten geworden, dass Natur so viel zusammenhängenden Raum bekommt und sich so komplett ungestört von menschlichen Eingriffen entfalten kann.
In der Nacht beginnt es leicht zu nieseln und der Wind bläst stärker, die Vögel und anderen Tiere sind im Morgengrauen auch leiser als sonst (Ausnahme wie immer die Affen) – ein klares Zeichen, dass die ersehnte Regenzeit bald beginnt. Man erkennt es im Übrigen auch seit auch daran, dass die Impalas bereits ihren Nachwuchs bekommen haben. Nach einer schnellen Tasse Kaffee packen wir rasch unsere Sessel ein und verabschieden uns von der Crew in Mupanga.
Wir lenken Luna auf die Lufupa Loops am Fluss, weil wir denken, dort am ehesten Tiere zu sehen, aber bei bewölktem Himmel kommen sie noch nicht aus dem dichten Busch heraus. Umso überraschender ist dann das laute aufgeregte Tröten eines aggressiven Elefanten, der seinen Kopf hochreißt und mit schlagenden Ohren auf uns zuläuft, um dann doch abrupt hinter einem Busch zu stoppen – ein Scheinangriff. Quintin vom Kasabushi Camp hatte uns schon auf unserem gemeinsamen Drive ein paar Tage zuvor erklärt, dass die Elefanten im Kafue für ihre zornigen Attacken bekannt seien, was wohl damit zusammenhängt, dass die Tiere über viele Jahre der Wilderei ausgesetzt waren. Viele haben schreckliche Erfahrungen gemacht, die sie mit dem Geräusch von Geländefahrzeugen assoziieren. Die Safariguides versuchen deshalb, die Tiere behutsam wieder daran zu gewöhnen, dass nicht von jedem Auto sofort Gefahr ausgeht. Auch wir wollen respektvoll unseren Beitrag dazu leisten und geben dem Elefanten genügend Raum, indem wir Luna langsam ein wenig zurücksetzen und hinter einem Baum verweilen, bis auch der Elefant uns beruhigt den Hintern zuwendet und weiter an seinem Baum nascht.
Vom Zuschauen ebenfalls hungrig geworden und suchen bei „Sulfur Pool“ einen schönen Platz für unser Frühstück. Bei einem saftigen Müsli und Tee identifizieren wir an der Lagune einen Klunkerkranich, Graureiher, ein paar Gänse, Ibisse, einen Seeadler und natürlich Hippos. Einem Warzenschweinferkel macht es sichtlich Spaß, die Pukus beim Trinken aufzuscheuchen, mit aufgestelltem Schweif flitzt es am Ufer von einem zum anderen und stiftet gewaltig Unruhe unter den Antilopen.
Sobald es zu heiß wird, düsen wir weiter nach Bongololo, dem Campsite, auf dem wir nächtigen wollen. Der von unserem Guidebook sehr gelobte Site entpuppt sich für uns zunächst als wenig einladend und relativ laut, aber heute haben wir keine Wahl. Bongololo ist gut gebucht, weil es die am nächsten an den Busanga Plains gelegene Campinggelegenheit ist. Weiter drin sind nur mehr eine Handvoll Lodges. Wir richten uns so gut es geht ein und ich verziehe mich mit meinem Buch und zum Schreiben der Gedanken für diesen Blog in die Uferböschung des Lufupa unter die Schatten spendenden Äste der Bäume. Gefährliche Tiere erwarte ich keine, spätestens ab dem Moment, als der Caretaker beschließt, den riesigen Haufen Baumstämme gleich neben unserem Standplatz klein zu hacken. Die Stämme sind dick, aber der Mann beweist ungebrochene Ausdauer.
Es entzieht sich ein wenig meiner Logik, warum er schon den ganzen Tag den Donkey (Wasserboiler) mit den frisch gehackten Scheiten beheizt, obwohl bis zum Abend und schon gar in dieser Hitze niemand eine heiße Dusche nehmen will. Ich tröste mich mit der Vorstellung, dass der Rauch eventuell auch die Tsetses und Gelsen verscheucht.
Und dann die erleuchtende Auflösung des Holzhack-Rätsels: Der blaue Traktor der benachbarten Lodge rattert auf das Gelände und holt einen Teil des nunmehrigen „Kleinholzhaufens“ ab, der Rest wird im Schubkarren an die Campinggäste bis weit im hinteren Teil des Geländes verteilt. Viele von ihnen sind noch draußen auf Gamedrive und sind sich, wenn sie ihre Scheite nach und nach am Abend sehr bequem ins Feuer werfen, vermutlich gar nicht bewusst, mit wieviel körperlichem Einsatz sie aufbereitet wurden. Wir nehmen unseren Anteil heute sehr dankbar entgegen.
Am nächsten Morgen ziehen wir gleich bei Sonnenaufgang los, die Anfahrt in die Busanga Plains ist ja immerhin gut 30km weit (ca. 45min). Begleitet von ohrenbetäubendem Zikadenlärm sichten wir Sable-Antilopen und werden Zeuge eines schönen Beispiels für die Symbiose unterschiedlicher Arten. Diesmal von Pukus, Impalas und Reihern. Letztere stets bemüht, den grasenden Antilopen auf Schritt und Tritt zu folgen. Während die einen Halme zermalmen, haben es die Vögel auf die von den Hufen aufgescheuchten Insekten abgesehen.
Dann endlich öffnet sich der Wald und die unfassbare Weite der Graslandschaft, die sich vor uns auftut, entlockt uns beiden ein „WOW, WOW, WOW“. Spätestens jetzt wissen wir, warum alle hierher wollen. Dieser Teil des Kafue Nationalparks strahlt eine ungemeine Faszination aus. Wir fahren auf kerzengeraden Pisten über die Plains, erstaunlich grüne, kurze Halme auf einer und strohgelb aufragende Gräser auf der anderen Seite. Einzelne wunderbar diverse Bauminseln stehen mitten in den Plains (natürlich auf Termitenhügeln!). Näher am Sumpfgebiet wird der Boden zum schwarz-lehmigen, bei jedem Offroader gefürchteten „Black Cotton Soil“, wir rumpeln langsam darüber. Es lohnt, denn wir entdecken die großen Herden von Red Lechwe Antilopen, für die die Busanga Plains berühmt sind. Bei der Umrundung eines kleinen Waldes bietet sich uns ein seltenes Schauspiel. Fünf Hippos steigen aus einem Schlammtümpel, um dann hurtigen Schrittes zum nächsten geringfügig größeren zu laufen. Sie sind erstaunlich flott unterwegs. Dort angekommen werfen sie sich in die Ansammlung von weiteren Hippos. Eng gedrängt liegen die Leiber der Kühe neben- und aufeinander, jede Bewegung eines Tieres löst einen Dominoeffekt aus, begleitet von Schnauben und Grunzen. Die Kleinsten werfen ihre Köpfe hoch, stemmen ihre kurzen Beinchen kräftig in die Flanken ihrer Nachbarn beim Versuch zwischen den Rundungen ihrer viel größeren Artgenossen nicht erdrückt zu werden. Nirgendwo wird augenscheinlicher, wie dringend hier Regen erwartet wird.
Wir suchen eine schöne Bauminsel mitten in den Plains mit Blick auf entspannt äsende Red Lechwe. Es sind keine Raubtiere in Sicht, und so bastle ich schnell ein Müsli und Kaffee.
Auch andere haben diese Idee, wenngleich etwas vornehmer. Die Gäste der Luxuslodges auf den Busanga Plains erhalten ihr Frühstück a la Hemingway auf perfekt gedecktem Tisch serviert von weiß behandschuhten Kellnern. (Die Kosten für so ein All inclusive Package belaufen sich dann aber schnell auf 1.200-3.000 US-Dollar für ein Doppelzimmer). Martin lässt kurz das Fenster runter und bestellt amüsiert von der Szenerie „two fried eggs sunny side up, please“, die Bestellung erntet einen verdutzten Blick, wird aber dann doch nicht aufgenommen, und so fahren wir weiter. Statt einer Einladung zum Brunch finden wir kurz darauf einen einsamen Löwen und genießen sodann die Rückfahrt durch diese atemberaubende Landschaft.
Zurück in Moshi kommen wir in einen überraschenden Regenguss, der Luna eine willkommene Dusche bereitet. Allerdings werden ihre Reifen blitzartig zu „Slicks“ und haben auf dem regennassen Lehm kaum mehr „Grip“. Daher biegen wir gerne ab zur Lodge, wo wir unsere Campingfee entrichten und ein kühles Getränk nehmen. Wir bekommen das Angebot, kurz in den kleinen Pool zu springen. Das muss man uns nicht zweimal sagen und schon sind wir drin. Das Wasser ist eine wahre Wohltat nach dem vorangegangenen Stunden bei bis zu 41,7 Grad Celsius auf den Plains.
Der Caretaker weist uns einen neuen Standplatz zu, sehr schön mit Baum und abseits gelegen. Das Abendunterhaltungsprogramm bestreiten heute die Frösche am Fluss, die abrupt alle auf einmal zu quaken beginnen und ebenso gleichzeitig wieder stoppen. Abgelöst werden sie dann vom schnarrenden Dauerzirpen der Zikaden. Es ist ein lauschiger Abend, bis wir beim Zähneputzen vier tiefe, laute knurrende Brüller aus dem Graben neben Luna vernehmen – unverkennbar der „mating call“ eines Leoparden. Wir beschließen, dem call nicht zu antworten (wäre akustisch auch ganz und gar unmöglich!), unsere Sinne bleiben aber extra wachsam und wir gehen schlafen.
Doch es bleibt nicht ruhig. Der Leopard schlägt in der Nacht zu und reißt eine Antilope. Ihr ohrenbetäubendes Quieken aus dem Graben weckt uns, 10 Minuten lang dauert der Überlebenskampf, begleitet von immer schwächer werdendem Gewimmer. Die Raubkatze lockert den Kehlbiss, gefolgt vom typischen Husten. Danach deutlich vernehmbare Schmatz- und Fressgeräusche, begleitet vom hohlen Geräusch brechender Knochen. Als die Katze satt ist, hören wir Schleifgeräusche – Der Leopard bringt seine Beute wohl auf einen Baum in Sicherheit, schließlich wird das jaulende Kichern der heraneilenden Hyänen bereits lauter.
Trotz der spannenden und unruhigen Nacht stehen wir gewohnt früh auf. Auch unser Caretaker kommt uns sehr unausgeschlafen entgegen. Traurig erzählt er uns, dass er ebenfalls kaum geschlafen hätte, weil die fünfzehn Inder auf der anderen Seite des Geländes wieder Party gefeiert hätten, und entschuldigt sich bei uns für den Lärm, den er leider nicht abzustellen vermochte. Dreimal sei er aufgestanden und habe sie um Ruhe gebeten. Umso mehr danken wir ihm dafür, dass er uns den Site am weitesten entfernt von der lauten Gang gegeben hatte. Als wir aufbrechen freut er sich sehr über das Trinkgeld – wir belohnen besondere Leistung und Aufmerksamkeit immer gerne.
Unsere heutige Etappe soll uns über das Kabwenga Gate ganz auf die nordöstliche Seite des Kafue Nationalparks bringen. Die Straße ist in Top-Zustand bis zum Gate (Rund 35km von Moshi) und wir kommen flott vorwärts – erst zu einem späteren Zeitpunkt an diesem Tag wird uns so richtig bewusst, wie froh wir darüber sind. Jenseits des Gates erweist sich der Weg als deutlich schlechter. Die ausgewaschenen tiefen Furchen lassen erahnen, dass die Piste bei Regen eine recht mühsame Rutschpartie werden kann. Die zahlreichen Schräglagen wären in jedem Off-road Trainingsgelände ein Musterbeispiel zum Üben der Verschränkung.
trotzdem macht die Fahrt Spaß, es ist ein wunderschöner Wald, wie ein saftig grüner Tunnel überspannen uns die Äste der Bäume. Der kurze Regenschauer veranlasste bereits die ersten Blüten, aus dem dunklen Waldboden zu sprießen, einzeln und verlockend leuchtend stehen sie weithin sichtbar zwischen den Bäumen.
Kaum auf der D181 beginnen sich kleine Siedlungen aneinander zu reihen, wir sehen vermehrt Menschen versammelt am Dorfbrunnen. Großen Abraumhügel zeugen von einer Mine ganz in der Nähe. Danach wird die ohnehin schon holprige Straße noch miserabler. Am Lunga River angekommen, heißt es für uns einmal warten. Zwar sehen wir die Ponton-Fähre am anderen Ufer, doch leider sind Bauarbeiten im Gange. Der Blick durch unser Fernglas bestätigt es. Elf Arbeiter, verlegen mühsam und händisch lange Eisenstangen, die sie zu einem Gitter verweben. Es soll wohl die Basis für eine neue Betonrampe werden. Der Schotter dafür liegt schon in mehreren kleinen Haufen daneben bereit. Ich stapfe zurück zum Beginn der Zufahrt und versuche vorsichtig in Erfahrung zu bringen, ob denn die Fähre in Betrieb sei. Die Arbeiter auf der hiesigen Seite wirken sehr schläfrig und unterausgelastet, einige machen ein Nickerchen auf Holzbalken. Einer fühlt sich dann doch angesprochen und gibt freundlich die Auskunft, dass die Bauarbeiter noch kein Mittagessen gehabt hätten und üblicherweise dafür herüberkämen, dann könne man wegen der Passage fragen. Nach kurzer Pause fügt er hinzu „so etwa um 12:30“. Ich blicke auf die Uhr, es ist erst 11:00. Da uns nichts anderes übrigbleibt, beschließen wir, unser Mittagessen schon jetzt, während wir warten, zu machen.
Das Heranknattern eines uralten Autos lässt uns hoffen, dass ein weiterer Fährbenutzer eventuell die Wiederaufnahme des Fährbetriebs beschleunigen könnte. Doch auch der Fahrer dieses Gefährts übt sich in Geduld (er hat damit bestimmt mehr Erfahrung), stellt den Motor ab, reißt die Fenster und Türen auf, dreht den Knopf am Radio lauter. Dann lässt er sich auf den Beifahrersitz sinken und schmeißt die Füße aufs Armaturenbrett. Ok, der Mann richtet sich augenscheinlich auch auf einen längeren Aufenthalt ein. Zwei weitere Autos reihen sich neben uns ein. Ich steige aus und lausche ein bisschen, was sie über die Aussicht, über den Fluss zu kommen, wissen. Einer meint, es ginge erst in zwei Wochen wieder, eine Dame sagt, es müssen mit dem Ingenieur verhandelt werden, der beim Bautrupp drüben ist. Kurz vor 12:30 versammeln sich am anderen Ufer weitere Gäste (allerdings keine Fahrzeuge), die Fähre legt ab und meistert schnell die rund 30 Meter Distanz. Der Bautrupp kommt uns entgegen.
Gemeinsam mit den anderen Wartenden suchen wir einen verantwortlichen Verhandler. Das Ganze wirkt ein wenig skurril und chaotisch auf mich, da nicht recht erkennbar ist, wer denn nun potenzieller Fahrgast und zur Bautruppe gehörig oder überhaupt nur unbedarfter Zuschauer ist. Bis zuletzt sind wir noch voll Hoffnung, dass es wie sonst immer in Afrika eine improvisierte Lösung gibt. Schlussendlich, nach mehrmaligem Hin und Her teilt man uns unter Kopfschütteln die bittere Entscheidung mit: „Sorry, today no passing possible“. Damit steht fest, dass wir unseren Plan, das McBrides Camp zu erreichen, über Bord (oder besser vom Ufer aus in den Lunga River) werfen müssen.
Eilig wägen wir über unsere Landkarte gebeugt unsere Alternativen ab. Martin rechnet die Kilometer in Benzinverbrauch um. Die Stecke rauf in den Copperbelt erscheint uns als nicht verlockend und so drehen wir um und fahren die ganze heutige Route retour und noch weiter, so weit es bei Tageslicht eben geht. Wir passieren erneut und zur Verwunderung des Gateguards das Kabwenga Gate, durch das wir vor einigen Stunden aus dem Park rausgefahren sind, das Park-Permit gilt ja noch. Sieben Stunden nach unserem Aufbruch in der Früh sind wir wieder am Ausgangspunkt in Moshi. Während der Weiterfahrt fällt unsere Wahl für die Nacht auf das Kafwala Rapids Camp. Dort werden wir begeistert empfangen und gleich drei Caretaker bemühen sich in Windeseile, den Campingplatz für uns herzurichten und Feuer zu machen. Zur Belohnung für das enorme Fahrpensum koche ich für Martin seine Lieblingspasta mit Pesto und wir entspannen am Lagerfeuer bei einem guten Merlot.
Vor dem Schlafengehen stattet uns noch ein Elefant eine Stippvisite ab. Es knackt im Wald hinter uns, doch wir können ihn nicht sehen, er jedoch mit Sicherheit uns. Als Martin sich auf den Weg zum Geschirrspülen macht, bewegt ihn ein deutliches dumpfes Grollen aus dem Wald hinter den Abwaschbecken sofort zur Umkehr.
Die Etappe am nächsten Morgen nehmen wir locker in Angriff. Beim Hook Bridge Gate gehen wir beide wie schon einige Tage zuvor wieder ins Netz und ich nehme per WhatsApp mit dem Muyukuyuku Camp Kontakt auf. Dort wollen wir alternativ zum McBrides Camp zwei Tage bleiben. Ich habe Glück und die freundliche weibliche Stimme am anderen Ende bestätigt mir die Verfügbarkeit eines Campsites. Nach nur rund 25km sind wir am Ziel, parken Luna auf dem idyllischen Platz mit strohgedeckter Palapa, die Douglas – unser Caretaker – noch rasch mit Couchtisch und grünen Plastik-Sesseln zu einem kleinen Wohnzimmer mit Aussicht auf die Tiere am Fluss einrichtet.
Bevor wir uns jedoch dort niederlassen, unterziehen wir Luna einmal einem gründlichen Innenputz. Mit dem kompakten Autostaubsauger samt Polsterbürste befreie ich sie von Sand, Staub und zahlreichen Fliegenkadavern, die beim „doomen“ der Kabine(„DOOM“ = DAS Insektengift im südlichen Afrika) ihr Leben lassen mussten. Martin kümmert sich derweil um die Scheiben und das Cockpit, jetzt duftet es dort frisch nach Möbelpolitur. Danach sind wir selbst dran, genüsslich stellen wir unsere sandigen „Pfoten“ in ein Schaumbad, gefolgt von unseren Busch-Schuhen.
Insgesamt haben wir nun 10 Tage durchgehend im Busch verbracht. So wird eine Bootstour auf dem namensgebenden Fluss zum würdigen Abschluss unserer Tour durch den großartigen Kafue Nationalpark.
Harold, der Guide und Stan, der Fahrer, holen uns mit einem deutlich gebrauchten und etwas zerbeulten alten Gamedrive-Vehikel zur vereinbarten Zeit am Campground ab. Harold erklärt zunächst, dass sie hinten die traditionelle Tsetse-Abwehr montiert hätten, eine Blechbox, aus der Rauch von glosendem Elefantendung strömt. Martin und ich schauen uns an und in seinem Blick erahne ich schon, welche Idee er gleich aussprechen wird: „Perfekt, was hindert uns eigentlich daran, hinten an Luna auch so ein Ding zu montieren, Ausgangsmaterial zum Anzünden finden wir ja reichlich am Weg.“ Die Umsetzung und das Auffinden einer geeigneten Blechbüchse und Aufhängung darf ich mir überlegen.
Nach kurzer Anfahrt sind wir am Bootsanleger. Fischer sortieren dort ihren Fang in unterschiedlich bunten Schalen. Harold erklärt uns, dass die Fischer hier überwiegend mit Netzen arbeiten und neben Brassen auch Mudsucker fangen. Ich nehme mir vor, zu googeln, wie die aussehen.
Der Fluss mäandriert in ausladenden Schleifen, die Wasseroberfläche mal spiegelnd glatt und nach der nächsten Kurve wieder heftig vom Wind aufgewühlt. Er bildet eine Welle, wie sie Wind- und Kitesurfer in heimischen Gewässern lieben. Der Unterschied liegt darin, dass du bei einem Sturz im heimischen See beliebig viele Versuche hast, erneut auf dein Board zu steigen. Hier vermutlich nicht.
Wir ankern, um den Sonnenuntergang zu sehen. Beim Bestimmen der Vögel am Ufer zeigt uns Harold die App, die er gerne dafür verwendet, inklusive Tonaufnahme der dazugehörigen Vogelrufe. Ich frage ihn und den Bootsführer nach ihren Lieblingstieren. Die Männer sind sich schnell einig: Leopard. Es erschallt ein großes Gelächter, als ich meine Vorliebe für Elefanten mitteile. Vom Bild des Geparden auf dem Startbildschirm meines iPhones sind sie dann aber doch begeistert, getoppt wird das nur noch vom Leoparden auf Martins Startbildschirm.Die Rückfahrt am Fluss ist dann etwas flotter, wir ziehen die Hemden enger und lassen die in Abendrot getauchten Uferbereiche mit ihren Water- und Jackelberries, Palmen und knorrigen Verästelungen an uns vorbeifliegen. Was für ein schöner letzter Ausflug am Kafue!
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