Erfüllt von den schönen Eindrücken aus Etosha reisen wir weiter Richtung Osten mit kurzem Stop in Grootfontein zum Aufstocken mit etwas Gemüse und vor allem der Trinkwasserreserven – die werden wir brauchen im Khaudum Natinalpark, den wir von Süden nach Norden durchqueren wollen.
Vor dem Choppies Supermarkt tummelt sich ein anderes Kundenklientel als im schicken Shopping Mall in Windhoek. Besonders an der Fleischtheke wird ein drastischer Unterschied zum Warenangebot im Spar augenscheinlich – hier gibt’s nämlich hauptsächlich die Knochen, von denen die Filets runtergeschnitten wurden, die dann – so vermuten wir – in den besseren Supermärkten verkauft werden. Aber wir kriegen alles, was wir an frischem Gemüse und Obst brauchen. Erstmals „zahlen“ wir den jungen Mann, der am Parkplatz auf Luna aufgepasst hat mit dem von ihm als Preis genannten Huhn (zumindest gefroren gab es ganze Vögel mit Fleisch dran).
Etwas nördlich von Groofontein biegen wir auf die schnurgerade Piste Richtung Tsumkwe ein. Einzige Abwechslung auf den über 250km sind die Grau-Weiß-Schattierungen des „gravel“ den wir entlangdüsen, einzelne entgegenkommende Geländewagen und herzige Esel am Straßenrand. Der Busch wird dichter und merkbar grüner, je näher wir unserem Tagesziel im Gebiet der San, der Buschleute in Namibia, kommen. Hierher fährt wohl nur, wer in den Khaudum NP will oder etwas über die Lebensweise der Buschleute lernen möchte.
Auf dem liebevoll gepflegten Campsite der Tsumkwe Country Lodge werden wir herzlich empfangen und organisieren auch gleich unseren Bushwalk mit den San am nächsten Morgen. Pünktlich treffen wir am Jul’hoansi Museum (Little-Hunters-Museum) unsern Guide, der uns zur Begrüßung breit grinsend seine „Business Card“ (wörtlich!) überreicht. Das hilft uns sehr, seinen sonst unaussprechlichen Namen besser zu verstehen.
Er führt uns rund 30m weiter auf einen Campplatz mit mehreren Rondavels aus Zweigen und Stroh in deren Mitte fünf lediglich in das traditionelle Duikerleder gekleidete Frauen am Boden hocken. Ihre Kinder laufen komplett nackt um uns rum. Nach kurzer Vorstellung wandern wir los, begleitet von der ganzen Familie. Zwischen den zierlichen Frauen komme selbst ich mir groß vor. Die älteste bleibt immer wieder stehen und beginnt mit ihrem Stock zu graben, unter gestenreichern Erläuterungen in ihrer von Klick- und Gluckslauten reichen Sprache. Die Männer fungieren als Dolmetscher. Wir lernen über die Verwendung der verschiedensten Wurzeln, Beeren, Samen, Rinden und Blätter als Nahrung oder Medizin. Auffallend viele Anwendungen dienen der Versorgung von Magen-Darm Problemen. Wir verkosten auch eine Wurzel, die sie Bush-Potato nennen und die tatsächlich auch so schmeckt. Interessant finden wir die Herstellung des Pfeilgifts aus der Made eines Käfers, den sie aus dem Boden unterhalb des Chomifora-Busches ausgraben, sowie die Methode, mittels Strohalm und vergrabenem Grasballen Wasser aus dem Sand zu gewinnen. Wieder zurück im Bushmen Camp kommt natürlich noch die Demonstration des traditionellen Feuermachens, das laut unserem Guide am besten mit dem Holz des Manketti Baumes funktioniert, Baobab und Marula gingen auch, meint er. Ein Feuerzeug ginge noch besser, meinen wir…. Mit etwas trockenem Gras als brennbarer Unterlage beginnen sie nun im Team, den dünnen Holzstab auf einem zweiten zu zwirbeln und schaffen es binnen nur 30 Sekunden, dass das Stroh zu rauchen beginnt. Noch ein bisschen blasen, noch mehr trockenes Gras und fertig ist das Feuer. Wir staunen, da wir trotz chemischer Anzündhilfe normalerweise kaum schneller sind.
Weiter geht’s hinein in den Khaudum NP, Namibias wenig besuchte große Wildnis. Den Park besuchen angeblich weniger Touristen als Elefanten, er ist bekannt für extremes off-road Abenteuer. Tatsächlich schalten wir hier sehr bald erstmals 4×4 zu. Die Landschaften wechseln zwischen Kalahari Forest, Buschland und den sogenannten Orumbi, den Trockenflussarmen, in denen sich das strohgelbe Gras im Wind wiegt und die Wasserlöcher platziert sind. Bei einigen finden wir bequeme, neu errichtete Hochstände mit einem Dach aus Solarpanelen, die ganz leise den Strom für die Wasserpumpen liefern. Und die braucht es auch, um in dieser besonders trockenen Zeit ohne Regen den Durst der Tiere zu stillen.
Unser erster Campsite ist das Sikereti Camp, perfekt und neu errichtet überrascht es uns mit wunderschönem Pool und moderner Architektur, richtig zum Wohlfühlen und Ausspannen in den heißen Stunden des Tages. Chef Carlos und Managerin Elisabeth sind erfrischend motiviert und versorgen uns mit kaltem Bier und einem köstlichem Wrap.
Am Abend unternehmen wir einen Gamedrive zum Tsoana Waterhole westlich des Camps und sehen dort erstmals die wunderschönen Roan (Pferdeantilopen), für die der Khaudum ein ideales Habitat ist. Wir lesen, dass hier die größte Population Namibias zu finden ist. Die zweite Attraktion sind aber – wie sollte es anders sein – die Elefanten. Wir warten eine Weile und bestaunen das gemächlich würdige Kommen und Gehen von Kudus bis auf einmal wie aus dem Nichts die nächste Elefantengroßfamilie um die Ecke biegt. Nahe am Wasserloch gibt es kein Halten mehr und sie stürmen unter begeistertem Tröten drauf zu, mit nach vorne gereckten Rüsseln, selbst der Kleinste rennt an der Leistungsgrenze, um ans begehrte Wasser zu gelangen.
Frühmorgens steuern wir das Socana Wasserloch an. Auch hier sind schon die Ellis beim Frühstücken und Baden und unter einem schattigen Baum entdecken wir 15 Wildhunde. Wir können unser Glück kaum fassen, dass wir schon am zweiten Tag diese so seltenen wunderschönen Tiere, das am meisten gefährdete Raubtier Afrikas, finden.
Am nächsten Tag steht die Durchquerung des Parks an, vor der langen Etappe frühstücken wir im als Giraffe getarnten Hide von Socana. Auf der Transferroute nehmen wir Platz im „Elefantenkino“ bei Tari Kora, das ein Spektakel von geschätzten rund 70 Ellis verteilt auf mehrere Gruppen zeigt – beim Saufen, Plantschen, Schlammwerfen, Sandrollen. Einige Halbwüchsige messen sich mit Scheinkämpfen, daneben tummeln sich zahlreichen Antilopenarten, Warzenschweine und Vögeln. Es ist einfach paradiesisch – und nur wir zwei als Zuschauer.
Danach zeigt uns der Khaudum, wofür er berühmt-berüchtigt ist: seine Tiefsandpassagen, die um die Mittagszeit definitiv nicht einfacher werden. Wir haben einiges an Erfahrung mit Sand und daher wagen wir uns an das Abenteuer der Durchquerung des Parks nach Norden. Diese Strecken sind aber sicher nichts für 4×4 Anfänger. Auch für uns heißt es: demütig die Differentiale sperren und öfter als gewohnt mit Low-4 fahren. Luna hoppelt und pflügt uns wacker durch den extrem feinen Sand, nur einmal müssen wir die Schaufeln auspacken und ihre Räder etwas freilegen, um dann mit mehr Anlauf und Power eine besonders tiefe Passage zu nehmen. Wir kommen alle drei sichtlich eingestaubt und müde im Xaudum Camp an, und erhalten beim Aussteigen gleich noch ein gratis Sandpeeling vom tobenden Sturm als Draufgabe. Nach einer feinen Dusche und zufrieden mit den Erlebnissen des Tages schmeckt uns das Windhoek Lager heute besonders gut.
Bei der morgendlichen Fahrt Richtung Gate entlang der wunderschönen Omuramba entdecken wir auch noch drei Löwen. Wir lesen am gate noch den Spruch „The park was established with conservation in mind, and not for cash generation“. Insgeheim hoffen wir, dass es so bleibt, und verabschieden uns vom Khaudum, der uns mit seiner Wildnis sehr begeistert hat. Wir nehmen die letzten 60 km zur B1 in Angriff. Diese waren im Nachhinein betrachtet die anspruchsvollste Passage. Mehrmals finden wir deutliche Indizien von früheren Bergemanövern in Form von Zweigen, die quer in die tiefen Sandlöcher gelegt wurden. Mit nur 5 bis max 35 km/h kommen wir voran und benötigen ca. 4 h. Öfter als mir lieb ist, muss ich aussteigen, um Äste wegzubiegen und sogar abzubrechen, oder um Martin einzuweisen, wie er Luna in präziser Millimeterarbeit zwischen Bäumen oder unter tiefhängenden Ästen durchmanövrieren kann. Wieder mal zeigt sich, dass echtes Bush-Abenteuer Teamwork und Geduld erfordert. Ich nehme es wie eine Art Bush Fitness & Spa: Wir werden kräftig massiert vom Hopsen durch die unregelmäßigen Sandspuren und Luna bekommt (zu unseren Leidwesen) eine intensive Bodyscrub-Kur. Erleichtert und müde erreichen wir nach dem sprichwörtlichen Tiefsandkampf die Hauptstraße, die uns nach weiteren 80km ins White Sands Camp knapp hinter Divundu an den Okavango führt.
Leider hatten sie unsere bereits vor Monaten bezahlte Buchung für den schönen Campsite mit Grasfläche und Aussichtsdeck verschustert und wir sollten als Notlösung auf einer staubigen Fläche stehen. Darauf hatten wir nach der anstrengenden und eh schon staubigen Etappe keine Lust, und so kommen wir mit entsprechendem Nachdruck als Entschädigung zumindest für eine Nacht zu einer Cabin mit heißer Dusche. Mit Blick auf die Popa Falls feiern wir am Abend bei einem genüsslichen Dinner (unser bisher bestes Oryx-Steak) und einer guten Flasche Merlot diese tolle Etappe unserer Reise.
Tipps Khaudum:
- Tsumkwe Country Lodge ist eine liebevoll gepflegte Anlage mit privatem Bad für jeden Campsite und kleinem Pool unter Palmen zum Abkühlen, Elefanten-Wasserloch nebenan
- Der Bushwalk beim Little Hunters Museum ist eine sehr nette Erfahrung mit den freundlichen San auf dem Weg in den Khaudum.
- Am Gate nach den Wasserlöchern fragen, die schon mit den neuen Wasserpumpen ausgestattet sind – dort sieht man Massen an Tieren!
- Es lohnt, auf den Hides ein wenig zu verweilen, denn es kommen laufend unterschiedliche Wildtiere vorbei.
- Der Norden des Parks ab Tari Kora ist nichts für 4×4 Anfänger, nur machbar mit Erfahrung und entsprechender Ausrüstung für Sand (Schaufel und eventuell auch Sandbleche), genügend Wasser und Treibstoff. Wer sich die Durchquerung des Khaudum und vor allem die Tiefsandzufahrt vom Norden nicht zutraut, findet im Süden des Parks gut befahrbare Strecken. Sikereti ist außerdem das schönere Camp. Auch der Park empfiehlt, die Durchquerung nur mit einem zweiten Fahrzeug zu wagen.
7 Responses
Faszinierender Bericht lieber Martin und Eva!
Unglaublich tolle Fotos!
Also Lina hat die intensive Bodyscrub Kur gut überstanden!
Ich bin so sehr begeistert!
Bitte ich hätte gerne die Wurzel Bush- Potato?!🤣😘♥️♥️♥️
Toller Bericht!
Unser Fahrzeug ist ja deutlich schwerer und höher als Eures. Meint ihr, dass der nördliche Teil auch für uns machbar ist?
Hallo Andreas! Du hast ja Wüstenerfahrung, also kannst du den Norden sicher fahren. Du wirst nur merken, dass der Khaudum-Sand wesentlich weicher ist als in der Sahara, da braucht man manchmal mehr Schwung. Herausforderns für euch wird die Ausfahrt im Norden ab dem Gate zur geteerten Straße. Es gibt auf den gesamten 60km eine Tiefsandspur mit genügend Breite für euch, die aber in der zweiten Hälfte kaum befahren ist. Die meisten nutzen die Ausweichspuren, die etwas weniger tief, aber im Wald sind. Da werdet ihr mit eurem Auto nicht durchkommen. Für die 60km auf der Tiefsandspur brauchst du sicher 5 Stunden! Liebe Grüße! Martin
Unglaublich beeindruckende Bilder von eurer Reise! Ich hoffe, dass das Freischaufeln gut geklappt hat 🙂
Hallo Christoph! Ja, das schaffen wir, sind ja ein eingespieltes Team. Hinter den Reifen freischaufeln, zurückstoßen und dann mit ordentlich Schwung durch. Haben nicht einmal die Sandbleche gebraucht! Liebe Grüße! Martin
Faszinierender Bericht lieber Martin und Eva!
Unglaublich tolle Fotos!
Also Lina hat die intensive Bodyscrub Kur gut überstanden!
Ich bin so sehr begeistert!
Bitte ich hätte gerne die Wurzel Bush- Potato?!🤣😘♥️♥️♥️
Vielen Dank für die Infos. Da werden wir dann wohl wieder im Süden rausfahren.